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Reminiszenzen

 

Reminiszenzen

So ist es jetzt schon die zweite Weihnacht, die ich ohne Hajo verbringe und die siebenundzwanzigste, daß Bruno hinübergegangen ist. Diese beiden Tode haben in meiner Seele tiefe Abdrücke hinterlassen, so daß reine Freude für mich nicht mehr erlebbar ist. Ich bin jetzt allein auf Gott zurückgeworfen, wie es am Ende eines Lebens auch wünschenswert ist. Im Rückblick auf die Vergangenheit hat es Gott mit mir immer gut gemeint, so daß ich keine Angst vor der Zukunft, noch vor meinem Ende habe.

Auch Hajos Leben ging nach 3-jährigem Leiden in Frieden zu Ende. Er hat einen langen Tag und eine Nacht schlafend verbracht und dann am Morgen ruhig schlafend seine Seele ausgeatmet. Am Abend zuvor war ich 2 Stunden bei ihm, dabei habe ich seine sehr flache Atmung mit Atemmassage unterstützt, so daß diese wieder ruhiger und tiefer wurde. Mein Gutenachtkuß und ein Kreuz auf seine Stirn waren schließlich zugleich der Abschied für immer von ihm, denn am Morgen um 7.30 klopfte der Pfleger an meine Tür mit den Worten: "Ihr Mann hat vor 10 Minuten noch geatmet - jetzt ist er tot." Der neue Pfleger, der am Morgen, einen Tag vor Hajos Tod gekommen ist, hat ihn nur schlafend erlebt. Trotzdem wurde er sehr hilfreich, weil er noch vor der eintretenden Totenstarre Hajo mit dem von ihm gewünschten Smoking bekleiden konnte und wir ihn dann unter seinem schönen Bild aufbahren durften. Es war für Hajo ein nur sehr kurzer Heimgang nach Katzelsdorf, in das für ihn neuerbaute Domizil.

Kaum drei Wochen Zusammensein waren uns dort vergönnt. Jetzt lag er zu Hause aufgebahrt.

Um 17.00 Uhr kam der Bestatter und brachte Hajo  in die Katzelsdorfer Kirche, wo er bis zur Fahrt nach Wien zum Neustifter Friedhof friedlich beherbergt war.

Am 1. Dezember fand dann die Beerdigung statt. Unser 3-er Grab habe ich schon vor einem Jahr nach Reklamation seitens der Friedhofsverwaltung zu einer Gruft umgestalten und gleich unsere Namen eingravieren lassen. Da Hajo Atheist war, ist kein Priester anwesend. In unserem Leben zu dritt, war uns die oberste Maxime, den anderen so leben zu lassen, wie er es für richtig hält und das wollte ich auch nach seinem Tod aufrecht halten. Also nahm ich ein CD - Abspielgerät zur Beerdigung mit und spielte in der Leichenhalle Bachs Basskantate  zu Maria Reinigung "Schlafet ein, ihr matten Augen" und am Grab, nachdem Hajo in die Erde gesenkt war, die schöne Löwe - Ballade "Die Uhr", von der mir Hajo vor Jahren gesagt hatte: "Weißt Du, ich sehe mein Lebensende so, wie es diese Ballade besingt." So ist er also trotz Atheismus zum Meister gewandert, und dieser wird ihn wohl gnädig aufnehmen, worum ich ihn von Herzen bitte.

Trauergäste waren Hajos Kinder  Enkelkinder und Urenkeln mit nur wenigen anderen Begräbnisteilnehmern, da deren Zahl durch Corona sehr begrenzt war. Auch das Totenmahl durfte nicht stattfinden. Wir warten nun schon ein Jahr darauf.

Unser letztes Mahl mit Hajos Kindern, Enkeln und Urenkeln ist nun schon lange her. Es war zu Hajos 80. Geburtstag und machte uns allen viel Freude. Ich bereitete das Fest vor, als er sich gerade wegen eines Sturzes als Folge der Gehbehinderung, verursacht von seinem Schlaganfall 2007, durch den auch später seine Demenz entstanden ist, im Unfallkrankenhaus befand. Ich wollte den Kindern ein frohes Wiedersehen bereiten, es sollte aber für Hajo eine Überraschung werden, er durfte nichts davon erfahren. So habe ich in Schrattenberg einen Pferdewagen bestellt, der die Kinder von dort, wo ich auch ihre Unterkunft bestellt hatte nach Katzelsdorf bringen sollte. Auf den Wagen hatte ich ihnen einen CD-Player mit Renaissancemusik, einen Korb mit Gläsern, Wein und Säften mitgegeben, Dank Rebecca, einer Enkelin Hajos, waren sie  mit Theaterkostümen aus der Renaissance gekleidet. Auf der Fahrt durch die Gegend nach Katzelsdorf sollten sie die schöne Musik spielen und bei uns angekommen einen Gong erklingen lassen. Als dies geschah, tat ich Hajo gegenüber sehr erstaunt und ging das Tor öffnen, inzwischen war auch Hajo zur Einfahrt gekommen: welche Überraschung! Die Gäste die Gläser zum Prosit erhoben sprachen einen gemeinsamen Text zu Hajos Wohl, Leo, ein Enkel überreichte ihm einen Zeremonienstab, der Hajo das ganze Wochenende als Gehstock gedient hat und jetzt noch, im neuen Trioskur in der Garderobe steht.

Anschließend ging es zu einem reichhaltigen Geburtstagsmahl,das ich die Tage vorher im Geheimen vorgekocht hatte. Der Himmel hat mit uns gefeiert, denn obwohl es am Vormittag noch regnete, war jetzt herrlicher Sonnenschein und wir konnten im Freien essen, und die Kleinen im Gras herumtollen. Wir haben das ganze Wochenende übermütig gefeiert und Hajo war noch fast gesund, denn er hat sich bis 2017 sehr gut gehalten, er hat noch Äste , selbst einen gefällten Baum zersägt und dies alles im Traktor in die Scheune gefahren. Damals dachte ich nicht im Traum daran, daß er seinen 90. Geburtstag nicht mehr erleben würde.

   80. Geburtstag von Hajo am 21. Mai 1913 in Katzelsdorf  Nr.15

Es war ein sehr glückliches Zusammensein. Leider haben ihn die Kinder in den nächsten Jahren nur noch krank gesehen. Die Jahre, als bei uns alles noch einigermaßen ging, haben sie uns kaum besucht.

Ab 2017 konnten wir nicht weiter in Katzelsdorf bleiben. Hajos Zustand hatte sich sehr verschlechtert. Er konnte nicht mehr die Stufen zur Eingangstür hochsteigen, nicht mehr den weiten Weg zur Toilette gehen, im Gras zu gehen wurde ganz unmöglich. Wir beschlossen Katzelsdorf für immer zu verlassen.

Es war sehr schmerzlich, uns von diesem Hof, den Hajo ganz allein mit seinem Schönheitssinn ohne jede fremde Hilfe so wohnlich gemacht hatte, für immer zu verabschieden. Er war nun dem Verfall anheimgegeben. So fuhren wir nach Wien, in unsere schöne Wohnung in der Hameaustraße, in der wir nun die nächste Zeit verbringen durften.

Hier hatte sich Hajo wieder stabilisiert. Das Bad, die Toilette waren neben dem Schlafzimmer. Er mußte zwar zu den Mahlzeiten die Treppe hochgehen, doch mit dem Geländer, an dem er sich anhalten konnte, ging das bestens. So richtete er sich hier ein mit seinem guten Willen, seiner immerwährenden Geduld. Am Morgen nach dem Aufstehen öffnete er das Fenster, schlug sein Bett zum Lüften auf, trug die Urinflasche zum Entleeren und reinigte sie, dann machte er seine Morgentoilette. Zu Beginn in Wien machte er auch Körperübungen, die ihm aber bald zu anstrengend wurden. Nach all diesen morgendlichen Tätigkeiten kam er zum Frühstück hinauf. Für ihn gab es Kräutertee und nur am Sonntag Kaffee. Wir haben immer gut und schön gefrühstückt. 

Es gab schöne Tage. Selten fuhren wir in die Stadt, immer öffentlich, er anfangs mit dem Gehstock, den er mir ausdrücklich vererbte, dann mit dem Gehgerät zuletzt mit dem Rollstuhl. Wir gingen auch regelmäßig in Neustift spazieren, manchmal auch zum Heurigen. Ein letztes Mal war es im Mai 2019. Wir setzten uns bei warmem Sonnenschein in den Garten, ich werde es nie vergessen.

Im August 2019 wurde für Hajo auf einmal alles sehr schlimm, denn die anfänglich schwache Demenz nahm einen Zustand an, daß er auf einmal nicht mehr die Treppe hinunterging, sondern starr stehenblieb ohne einen Schritt zu machen, ich mußte die Rettung holen. Da aber der Blutdruck und die Zuckerwerte ganz normal waren, durfte er zu Hause bleiben, worüber ich sehr froh war. Doch ab diesem Vorfall war mit ihm nichts mehr anzufangen. Er hielt sich überall krampfhaft fest, ich konnte ihm in keiner Weise helfen, das mußte ich einsehen. Dazu kamen Halluzinationen und Angstattacken. Die verschriebenen Medikamente brachten nur Dauerschlaf aber keine Besserung. So fuhr ich zu den verschiedensten qualifizierten Pflegeheimen, um für ihn einen guten Pflegeplatz zu suchen. Ich wählte Senecura in Heiligenstatt nahe beim Beethovenmuseum. Dorthin brachte ich nun Hajo am 29.9.2019 im Taxi, Rettungswagen war keiner verfügbar. Isolde und Herr Forosh begleiteten uns. Er kam in ein schönes, geräumiges Einzelzimmer mit Blick in den Park.

 Es war ein gut geführtes Heim. Trotzdem sagte er mir eines Tages: "Es ist eine große Schweinerei, daß Du mich hierher gebracht hast." Er wußte nichts von seinem Zustand. So sagte er mir, wenn ich ihn verließ - ich war täglich 3 Stunden bei ihm: "Fahren wir jetzt nach Hause?" Es erfüllte mich mit Schmerz, ihn zurücklassen zu müssen. Ich brachte ihm täglich gute Sachen mit vom Sacher, vom Demel, vom Meinl, damit er etwas Abwechslung hatte.

Nun kam Weihnachten. Wir hatten es zu Hause immer einfach aber schön mit gutem Essen. Deshalb brachte ich Teller, Gläser, Essen, Selbstgebackenes und Hajos Smoking ins Heim. Und so feierten wir dort in Liebe zu zweit unser Weihnachten 2019.

 

Nur einige Kleinigkeiten als Geschenk, mehr hätte Hajo nicht einmal wahrgenommen.

zu Silvester ein Prosit auf das Jahr 2020 - es wurde Hajos Todesjahr

Das Jahr 2020 war also angebrochen und wir lebten es weiter wie 2019. Jedoch eines Tages verständigte man mich telefonisch: "Sie dürfen nicht mehr ins Heim kommen. Striktes Besuchsverbot wegen  Corona." Das war ein Schock. Ich konnte somit Hajos Befinden in keiner Weise mehr wahrnehmen, noch beeinflußen. Als ich noch zu ihm durfte, sagte ich doch das eine oder andere Mal zum Pfleger: "Bitte reiben Sie ihn mit der schmerzstillenden Salbe ein!" oder "Bitte geben Sie ihm die Augentropfen". Jetzt mußte ich alles allein den Pflegern überlassen, konnte lediglich 2x am Tag mit Hajo telefonieren. Es war eine harte Zeit für uns Beide. 

So beschloß ich ad hoc, diese Zeit zu nützen, um Katzelsdorf so weit in Schuß zu bringen, daß es barrierefrei für Hajo geeignet sein sollte, daß er dort mit einer 24- Stundenpflege einziehen kann. Dafür nutzte ich jetzt alle Ressourcen und Kräfte. Am Ende gelang es. In der Zwischenzeit aber kam es zu den verschiedensten Coronamaßnahmen den Besuch betreffend. Die erste Lockerung erlaubte, daß ich ihn einmal die Woche eine Stunde besuchen durfte, indem ich außerhalb des Heimes mich auf die Terrasse setzen durfte und er innen vor die Fensterscheibe gesetzt wurde und wir durch ein Sprechgerät kommunizieren konnten. Jedesmal, wenn sie ihn brachten und er mich sah, weinte er. Die Situation war alles in allem jämmerlich. Etwas später durften wir uns dann wenigstens auf der Gartenterrasse an einen Tisch setzen. Da die schöne Jahreszeit war, war dies eine gewaltige Verbesserung. Ich durfte auch öfter und länger kommen.

 

An den Tagen, an denen ich nicht bei Hajo war, fuhr ich nach Katzelsdorf und erledigte dort alles, was möglich war und da gab es viel. Ich brachte Hajo immer wieder Fotos vom Fortschritt in Katzelsdorf mit. Was er davon verstand, weiß ich nicht, jedenfalls begleitete ich das Zeigen der Fotos immer mit dem Satz: "Siehst Du, jetzt kommst Du bald nach Hause!" Und am 3. November 2020 war es so weit. Ich hatte über die Malteser einen 24-Stundenpfleger angestellt, den ich schon am 1.November in die Senecura kommen ließ, damit Hajo und er sich kennenlernen können. Am 2. November fuhr ich mit ihm nach Katzelsdorf, damit er sich dort einrichten konnte. Ich fuhr nach Wien, um am 3. November zu Hajo zu fahren, das Zimmer zu räumen und all die angesammelten Sachen mit dem Auto nach Katzelsdorf zu bringen, Hajo wurde von der Rettung hinausgebracht. Als ich dort ankam, war die Rettung gerade im Begriff nach Wien zurückzufahren, ich konnte noch fragen: "Wie ging alles?" und die Antwort war: "Bestens." Welches Glück! Ich eilte zu Hajo, er lag schon im Bett und hatte zuvor sein 1. Abendessen zu Hause. Ich streichelte und küsste ihn mit den Worten: "Siehst Du Hajo, jetzt bist Du wieder zu Hause!" Es war für mich der erste glückliche Moment seit August 2019.

Als der Pfleger ihn am Morgen zum Frühstückstisch gesetzt hatte, am Fenster, das in den Hof ging, es war für Hajo noch ein bekannter Ausblick, sagte er: "Hier ist es lustig!", der einzige Satz von ihm bis zu seinem Tod, der mich hoffen ließ, daß er etwas von seinem alten, neuen Zuhause hat wahrnehmen können. Der erste Pfleger, ein Slowake war sehr brav. Er kümmerte sich gewissenhaft um Hajo, er setzte ihn bei Sonnenschein auf die Terrasse und wenn Hajo schlief, bügelte er mir Wäsche, denn mit dem Kochen hatte er nichts zu tun, weil ich für unser Essen sorgte. Gleich am 1. Tag gab es einen Zwischenfall. Ich wollte von meinem Vorrat, den ich schon vor unserem Kommen nach Katzelsdorf gebracht hatte, die Lebensmittel holen, ich fand alles entwendet. Der Container, der vor der Sauna gestanden hatte, war verschwunden. Unvorstellbar in einem Dorf, wie Katzelsdorf, wo man früher die Türen nicht abgeschlossen hatte, ja, so war ich gewarnt. Ich fuhr dann nach Mistelbach, um für uns 3 einzukaufen und als ich zurückkam saß Hajo auf der Terrasse aber sein Anblick betrübte mich: es ging ihm sichtbar schlecht. Wie hatte sich sein Zustand von Tag zu Tag verschlechtert, trotzdem hoffte ich, daß alles wieder gut wird. 

Schlimm wurde es, als uns Josef nach 14 Tagen verlassen hatte und ein neuer Pfleger von den Maltesern geschickt wurde. Er war sehr unfreundlich und machte nur das Notwendigste. Als ich am 2. Morgen bei Hajo im Zimmer blieb, als er ihn wickelte, schickte er mich aus dem Zimmer und nachdem er mit ihm ins Bad gegangen war, verschloß er das Badezimmer. Ich forderte ihn auf, das Zimmer aufzusperren, was er schließlich tat allerdings voll Beschimpfungen, er schrie derart, daß ich Angst hatte, er würde handgreiflich. Ich nahm das Telefon und forderte den Malteserverein auf, den Pfleger sofort abzuholen,  ich würde ihn nicht länger untern meinem Dach dulden. Man holte ihn. Später stellte ich fest, daß er die Holzplatte von Hajos Tisch mit dem Messer zerschnitten hatte, auch die Bestecklade in der Küche. Er war ein unseriöser Rumäne und ich hoffe, daß ihn die Malteser aus ihrem Programm entfernt haben. Nun mußte ich mit Hajo allein sein bis ein neuer Pfleger kam. Ich blieb den ganzen Tag bei ihm im Zimmer und für die Nacht bat ich Monika aus Katzelsdorf, zu kommen, damit wir zu zweit Hajo helfen könnten, falls er aus dem Bett fallen würde. Ich bin Monika noch heute dankbar für ihre geleistete Gegenwart. Um 8.00 Uhr morgens kam dann der neue Pfleger. Er schien in Ordnung zu sein, wieder ein Slowake. Doch er brauchte sich um Hajo den ganzen Tag nicht zu kümmern, denn dieser schlief und schlief und ich wollte nicht, daß wir ihn wecken.   

 

Geschlafen habe auch ich sehr lange nach meiner großen Operation  2001 im AKH Wien, die von Herrn Prof. Jakesz durchgeführt wurde. 7 Stunden hat sie gedauert. Ein Stück Dickdarm und die Gebärmutter wurden entfernt, nachdem ich eine Woche vor der Operation Kobalt erhalten hatte, um das Rektum für nach der Operation zu erhalten. Alles dies waren Eingriffe, die ich vor der Krankheit total abgelehnt hätte. Bis dahin versorgte ich mich punkto Medizin ausschließlich homöopathisch. Doch als ich eines Tages den Stuhl nicht mehr ausscheiden konnte, entschloß ich mich zu Untersuchungen und man konstatierte Darmkrebs. Da half natürlich keine Homöopathie. Es ging mir, wie meinem armen Bruno. Ich mußte mich der Schulmedizin überantworten. Zu Bruno sagte ich vor seinen Operationen: "Ich würde mich an Deiner Stelle nicht operieren lassen." Er entschied sich für die Operationen und so erging es nun auch mir. Ich sagte zu Herrn Prof. Jakesz: "Ich vertraue Ihnen ganz und gar. Sie können alles mit mir machen, was Ihnen richtig erscheint."

Als die große Operation gelungen war, mußte man feststellen, daß der Stuhl nicht abging, wie er sollte, so wurde nach einer Woche wieder geschnitten mit Erfolg, allerdings mit einer darauf folgenden  Wundinfektion, die sich schwer behandeln ließ, so daß einer der visitehabenden Ärzte zu mir sagte: "Ich glaube, Sie können sich Ihren Meldeschein umschreiben lassen." Damit sagte er mir, daß ich noch lange im AKH bleiben müsse. Doch Dank einem Absaugegerät, das ich von der Fa. Bständig mieten konnte, durfte ich schon länger vor Weihnachten das AKH verlassen. Allerdings mußte mich Hajo alle 2 Tage zum Verbinden ins Krankenhaus fahren. Wir fuhren immer um 6.00 Uhr früh los, damit ich als Erste an die Reihe kam. Zu Hause konnte ich in dieser Zeit nur das Wichtigste machen, aber Hajo und ich schafften alles ohne Hilfe und den Spaziergang, zu dem mich Hajo täglich anhielt, absolvierte ich eisern bei Wind und Wetter. So durfte ich schon im April rückoperiert werden. Es war ein Segen täglich wieder ohne Säckchen aufs Klo gehen zu können. Die Kontrolluntersuchungen waren befriedigend und so konnte ich wieder mit Hajo den Sommer in Katzelsdorf verbringen. Wir hatten wieder eine ganz schöne Zeit.  

Doch es gab zu der Zeit vor meiner Rückoperation einen Zwischenfall: im Stuhlsäckchen befand sich ein Gallenstein. Ich berichtete Prof.Jakesz davon, jedoch er befand daß die Rückoperation ohne Rücksicht auf die noch weiteren zwei Gallensteine, die bei mir konstatiert wurden, durchgeführt werden soll. Somit war es nicht überraschend, daß ich eines abends mit einer schweren Gallenkolik von Hajo aus Katzelsdorf ins AKH befördert werden mußte. Man operierte noch nachts und entfernte 2 Steine und Gallenblase. Mit Gottes Hilfe regenerierte ich rasch und bald konnte ich wieder alle meine Tätigkeiten aufnehmen.

Doch eines Tages, es war nach einer Hauseigentümerversammlung kam Hajo in mein Zimmer und klagte, daß er Schwierigkeiten mit dem Urinieren hätte. Ich wollte mit ihm ins AKH fahren, doch er lehnte es ab mit der Begründung, wir müßten morgen nach Katzelsdorf fahren, da er am Montag mit Baumschneidern einen Termin hätte. Dies ließ er sich nicht ausreden und so fuhren wir morgens hinaus. Doch dort konnte er nur liegen. Ich versorgte ihn mit Kamillenauflagen und Wärmeflasche doch es half nichts. So rief ich am Sonntag Abend den Notdienst. Es kam eine sehr nette junge Ärztin. Bei der Untersuchung schlug sie die Arme über dem Kopf zusammen mit dem Ausruf: "Die Prostata ist groß wie eine Mandarine! Sie müssen sofort ins Krankenhaus!" Sie setzte Hajo einen Katheter und ließ sich überreden, daß wir erst am nächsten Morgen ins Krankenhaus fahren. Als den Baumschneidern ihre Aufgaben überantwortet waren, fuhr Hajo mit dem Auto nach Wien. Zuvor habe ich noch Herrn Prof. Jakesz angerufen, um ihn zu fragen, ob Hajo zu ihm kommen dürfe, doch er empfahl uns einen Urologen, der Hajo untersuchte und auch später operierte, jedoch mußte er ja auf einen Operationstermin warten und bis dahin half der Katheter. Somit fuhren wir zu der mit den Bieberheimern           abgemachten Rheinfahrt trotz Katheter. Wir wohnten im Rebstock,  dem Gasthof, in dem die Grollmanns im Krieg, nachdem sie in Oberhausen ausgebombt waren,  damals untergebracht waren. Es waren sehr schöne Tage für uns und Hajo zeigte mir die ganze Umgebung seiner damaligen Kindheit. Ich denke noch oft daran.

 

 

Es hat uns am Rhein so gut gefallen, daß wir die Fahrt nach zwei Jahren wiederholten und wir weiteten sie noch aus, indem wir in den Hunsrück fuhren, wo wir alle Orte mit Stumm - Orgeln besuchten, da Hajo mütterlicherseits von der Orgelfamilie abstammte. Es war wieder eine erbauliche Fahrt und die vorletzte in Deutschen Landen. Die allerletzte war dann nach Bayern zu Dominiks Hochzeit. Ab da gab es zusammen lediglich einige Abstecher innerhalb Österreichs.

Ohne Hajo machte ich allerdings noch manche Fahrt mit Brunos 2CV, für das ich 69-jährig den Führerschein machte, um zu verhindern, daß Hajo das Auto verschenkt, das liebe Auto, mit dem wir zu dritt so viele Fahrten gemacht hatten. Ich ließ es restaurieren und hätte schon Hundert Interessenten dafür. Zu Hajos Lebzeiten war es mein Auto, mit dem ich das ganze Jahr unterwegs war. Jetzt nach Hajos Tod fahre ich für weite Strecken und im Winter den Lancia, den mir Hajo ausdrücklich vererbt hat. Es ist ein bequemeres Auto mit Automatik, das in meinem Alter leichter zu fahren ist als die Ente.  Hajo war stolz darauf.

 

Es ist geradezu grotesk, ich, die ich in meiner Jugend, lang vor den Grünen, die Motorisierung so verachtete, daß ich ungezogener Weise die Autos als Umweltsünder anspuckte, habe jetzt 2 Autos im Carporte stehen, fahre aber nur wenig. Allerdings bin ich froh, daß ich endlich die vielen Schleppereien hinter mir lassen kann,  denn bis zu meinem Führerschein habe ich nur geschleppt, sogar      meine Bühnenbilder, denn ich mußte ein Leben lang sparen, mit meinen künstlerischen Arbeiten habe ich nie viel verdient. Hajo und ich haben immer einfach gelebt , allein Bruno gestattete uns etwas Luxus. Deshalb habe ich ihm mit seinem Erbe durch die Herausgabe seiner Bücher im Hameau-Verlag eine Erinnerung geschaffen, die  ihm kein Literaturhaus gegönnt hat. In der Scheune in Katzelsdorf befindet sich nun eine Art Museum mit Brunos Büchern und journalistischen Arbeiten, mit Hajos Bildern und mit DVDs von meinen Theateraufführungen, nebst Bühnenbildern. So soll etwas über unseren Tod hinaus an unsere Zeit und Tätigkeiten erinnern.

Hier die Einrichtung von Brunos Wohnzimmer in der Hameaustr.  mit den Bildern und seinen Büchern und Zeitungsausschnitten. Die im Hameau-Verlag erschienenen Bücher sind alle hier erhältlich.

Die Scheune mit den Bildern von Hans Joachim Grollmann. Auch das Bühnenbild von Becketts "Rockaby", aufgeführt 1986 im Moulin Rouge. Statt der originalbekleideten Puppe saß Maria Böhmberger im Schaukelstuhl und wippte, wie die Puppe jetzt noch auf Wunsch zum Originaltext.

 Hier das von Hans Joachim Grollmann gebaute Bühnenbild in Anlehnung an die Rostafenster für die Majakowski - Aufführung "Trat dem eigenen Lied auf die Kehle", mit der Maria Böhmberger durch die Lande reiste. Der Lyriker und Majakowski - Übersetzer Hugo Huppert ( verstorben 1986 in Wien ) schrieb in der "Weltbühne" über ihre letzte Münchener Aufführung, bei der er selbst anwesend war, eine Traumkritik. So konnte sie die letzte Aufführung noch 2001 in Wien im Literaturhaus veranstalten, von der Sie auf Wunsch die Aufzeichnung sehen können.

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